Behandlung durch Cupping
Olympische Sommerspiele Rio de Janeiro, Finale 4 x 100 Meter Freistil: Superstar Michael Phelps macht sich startbereit, und jeder sieht die großen blauen Flecken auf seinem Rücken! Plötzlich fällt es auf!
Nicht nur Phelps, auch viele andere Hochleistungssportler, unter ihnen Jan Frodeno, haben diese blauen Flecken! Ist das der neue „Modetrend“, vergleichbar mit den Kinesiotapes vor etwa 10 Jahren? Sind die blauen Flecken nur „Schmuck“ oder haben sie auch eine tiefere Bedeutung? Wie und wo sind sie entstanden? Das Phänomen heißt „Cupping“, jedoch handelt es sich um eine uralte Behandlungsform: das Schröpfen.
Speziell in der Naturheilkunde und der asiatischen Medizin existieren unzählige alte Therapieformen, die heutzutage noch praktiziert werden. Wir Menschen möchten immer genau wissen, warum etwas funktioniert. Früher hat man dafür teilweise die wildesten Erklärungen gefunden. Es wurden Theorien über das Ungleichgewicht der Körpersäfte oder die Stagnation von Blut und Qi. Grundsätzlich kann man sagen: Egal welche Erklärungen wissenschaftlich richtig ist, gäbe es keinen gefühlten Effekt, würde eine Behandlungsart kaum Jahrtausenden überleben. Und das gilt auch unter den Sportlern, aus deren Reihen immer mehr dem Schröpfen leistungsfördernde Kräfte nachsagen.
Worum geht es eigentlich?
Beim Schröpfen werden kleine Gefäße aus Glas, sogenannte Schröpfköpfe, mittels Unterdruck auf der Haut festgesaugt. Der Unterdruck wird in der Regel durch das Abbrennen von Watte im Schröpfglas erzeugt, das nennt man Trockenschröpfen. Es gibt auch eine andere Variante des Schröpfens bei der man vorher die Hautoberfläche einritzt, sodass Blut beim Schröpfen austritt, dem sogenannten Blutschröpfen, bei dem jedoch eine größere Infektionsgefahr besteht. Obwohl einige Therapeuten auf diese Variante schwören, bin ich als Sportlerin nicht davon überzeugt, dass „bluten“ notwendig ist, um positive Wirkungen zu erzeugen.
Schröpfen wird vor allem bei Verletzungen eingesetzt, um mithilfe der dadurch zusätzlich aktivierten Selbstheilungskräfte des Körpers schneller fit zu werden. Idealerweise wird Schröpfen auch genutzt, um Verspannungen und Blockaden zu beheben. Schröpfen beeinflusst die Faszienspannung und kann so auch indirekt gegen Stress helfen, was speziell kurz vor wichtigen Wettkämpfen wichtig sein kann.
Eine weitere Variante ist die Schröpfmassage. Dabei werden die Schröpfköpfe – bevor sie mit Unterdruck auf die unversehrte Haut aufgesetzt werden – eingeölt. Dadurch lassen sich die Schröpfgläser noch verschieben und der Therapeut kann einen massageähnlichen Effekt durch das Verschieben erzielen.
Generell gilt: An den behandelten Stellen können sich Blutergüsse bilden. Aber keine Sorge, diese sichtbare Nebenwirkung des Schröpfens ist therapeutisch beabsichtigt und unumgänglich. Die Hämatome bleiben einige Stunden oder auch Tage bestehen. Das sind die blauen Flecken, die wir bei Olympia gesehen haben.
Wann?
Vor Wettkämpfen jedoch sollte der Muskeltonus eines Sportlers weder zu hoch noch zu niedrig sein. Im Gegensatz zu einer Massage kann das Schröpfen kurz vor einem Wettkampf mehr Sinn machen als eine Massage, insbesondere bei Sportarten mit mehreren Starts in kurzer zeitlicher Abfolge, beispielsweise beim Schwimmen oder Turnen. Durch das Schröpfen bleibt im Großen und Ganzen ein guter Muskeltonus erhalten, man fühlt sich danach viel lockerer und beweglicher. Wie nahe man das Schröpfen am Wettkampf macht, ist von Person zu Person unterschiedlich. Manche vertragen es noch einen Tag vor dem Rennen, andere brauchen 2-3 Tage Abstand. Aber auch beim Schröpfen gilt, die neue Methode nie vor einem Wettkampf erstmalig ausprobieren, sondern im Training testen und sich überzeugen lassen.
Fazit
Aktuell gibt es keine wissenschaftliche Studien, die die Wirksamkeit des Schröpfens belegt, insbesondere im Vergleich zu einer herkömmlichen Massage. Aus meiner praktischen Arbeit als Physiotherapeutin kann ich jedoch sagen, dass das Schröpfen sicherlich nicht eine normale Massage ersetzt, es jedoch eine super Ergänzung ist, und – richtig angewandt – oft auch sinnvoller ist als eine Massage.
Text: Angela Kühnlein
Quelle: tritime Magazin, Link zum tritime-Artikel: http://www.tritime-magazin.de/2017/01/cupping/