Angela Kühnlein testet das CANYON SPEEDMAX CF9.0
(Ausgabe 5/2014, Magazin TRITIME - Produkttest)
Es ist Anfang April, als es an der Haustür klingelt. Die Postbotin fragt, ob Ich Ihr nicht dabei behilflich sein könne, einen Fahrradkarton aus dem Transporter zu heben. Eine knappe dreiviertel Stunde später stelle ich zufrieden fest, dass dies auch schon der schwierigste Teil meiner Bestellung des Speedmax für den tritime-Langzeittest war. Zwei Wochen zuvor hatte ich mich entsprechend der Vorgaben und Erklärungen auf der Homepage des Versenders Canyon selbst vermessen und den für mich passenden Rahmen in der Größe S bestellt.
Die Vorfreude auf das lang ersehnte Testrad ist groß, und am liebsten würde ich sofort die ersten Kilometer in den Asphalt brennen, wäre da nicht die große Unbekannte: Das Zusammenbauen des äußerst sorgfältig verpackten Zeitfahrrades. Für jemanden, die sich auf gar keinen Fall als eine begnadete Mechanikerin bezeichnen würde, eine große Herausforderung. Dachte ich! Beim Öffnen des Kartons traute ich meinen Augen nicht das Speedmax war fast komplett vormontiert.
Ich brauchte lediglich das Cockpit zusammenschrauben, Sattel(stütze) sowie Lenker und Aufsatz einstellen und festschrauben. Alles ganz einfach. Allerdings passierte auch mir das, wo vor sich viele fürchten: irgendetwas schleift oder funktioniert nicht. Bei mir war es die elektronische Ultegra Di2. Was nun? Hatte ich das Schaltsystem etwa schon zerstört? Muss ich zunächst die Akkus aufladen, oder warum funktioniert es nicht? Ein kurzer Anruf beim freundlichen und äußerst kompetenten Servicecenter lässt mich aufatmen: Die Kabel waren nicht fest genug mit dem Akku verankert.
ERSTE PROBEFAHRT
Endlich ist es soweit, die erste kurze Probefahrt steht an. Mit einer Schrittlänge von 78 Zentimetern und einer Körpergröße von 1,65 Metern ist der S-Rahmen für mich gerade noch fahrbar. Das Sitzrohr steckt bis kurz unterhalb des Sattels im Rahmen. Bereits auf den ersten Metern fühle ich mich sehr wohl, allerdings möchte ich gerne eine noch aerodynamischere Position einnehmen. Leider geben die Verstellmöglichkeiten der Armpads nicht mehr her, sämtliche Spacer sind bereits ausgebaut. Also telefoniere ich erneut mit
der Hotline, die mich davon überzeugt, das verbaute Triathloncockpit durch das Zeitfahrcockpit zu ersetzen. Leider mit dem Nachteil, dass ich das Rad wieder auseinanderbauen und nach Koblenz schicken muss. Bereits eine Woche später helfe ich der Postbotin erneut beim Herausheben des Radkartons.
IM HÄRTETEST
Das aerodynamisch optimierte Rad ist ein absoluter Hingucker, seine mattschwarze Lackierung erinnert irgendwie an ein Tarnflugzeug. Leider Ist es ziemlich kratzanfällig. Das lange Oberrohr und die Kettenstrebe sowie der stabile Lenkkopf inklusive Gabel verleihen dem Speedmax einen extrem ruhigen Lauf, kein Wackeln, kein Nichts.
Auch bei kurzen Antritten im Wiegetritt wird die eingesetzte Kraft direkt in Vortrieb umgesetzt. Die von Canyon entwickelten integrierten Bremsen greifen zuverlässig und präzise. Lediglich bei Nässe muss ich mich aufgrund der verbauten Carbon-Laufräder an die üblichen Einschränkungen bei der Bremsleistung gewöhnen. Bei starken Seitenwinden sind die hohen Aero-Laufräder gerade für leichte Fahrerinnen eine große Herausforderung, allerdings gibt der stabile und richtungstreue Rahmen viel Ruhe und Sicherheit zurück. All dies wirkte sich positiv auf meine Leistung aus, Bei den bisherigen Wettkämpfen konnte ich meine Bestzeiten immer verbessern.
Nach rund 2.000 Kilometern, von denen ich den Großteil in völliger Entspannung in der Aeroposition absolvierte, bemerkte ich ein leichtes Knacken beim Bergauffahren im kleinsten Gang. Also packte Ich „mein Maxi" ins Auto und fuhr zum nächsten Fahrradhändler, um es kurz durchchecken zu lassen. Auch wenn ich zunächst damit konfrontiert wurde, dass das Rad nicht „bei uns" gekauft wurde, behob der Mechaniker schnell die Ursache am Schaltwerk.
MEIN FAZIT
+ perfekte Aerodynamik, kombiniert mit schönem Design
+ Integration von Bremsen und Kabeln
+ vielfältige individuelle Einstellmöglichkeiten der Sitzposition von moderat bis extrem
+ sehr ruhiges, stabiles und sicheres Fahrverhalten
+ ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis
- das integrierte Set-up erfordert mehr Zeit für das aufwändigere Einstellen von Bremsen und Lenkerposition
- sehr kratzanfälliges Obermaterial
Text: Angela Kühnlein